Gedenkbuch 2011

Max André
Henriette André geborene Kaufmann

Dr. Rudolf Wagemann, Stolberg

Henriette Kaufmanns Eltern, Joseph und Johanna Kaufmann, geborene Salm, führten schon vor 1900 in Kornelimünster eine „Handlung“, wie kleine Geschäfte früher häufig genannt wurden, die den notwendigsten Bedarf des dörflichen Alltags abdeckten. Das Haus am Übergang des heutigen Benediktusplatzes in die Korneliusstrasse, in dem Henriette am 21. Mai 1887 als jüngstes von sieben Kindern geboren wurde, lag ideal im Scheitel einer scharfen Straßenbiegung. Dort begann die südöstliche Ausfallstrasse in Richtung Eifel. Wer vom Einkauf in dem Hauptort des „Münsterländchens“ seinen Heimweg antrat, wurde geradezu mit der Nase darauf gestoßen, noch einmal zu überlegen, ob er alle ihm aufgetragenen Einkäufe gemacht hatte.

Als Henriette, oder Jetti, wie sie allgemein im Ort genannt wurde, kurz nach 1900 die Volksschule verließ, hatten mehrere ältere Geschwister bereits das Elternhaus verlassen und lebten verheiratet in der Fremde. Vater Joseph war nun schon über 60 Jahre alt und so blieb, wie das damals fast selbstverständlich war, die junge Frau im elterlichen Haus, um nach den Eltern zu sehen und die Ladentheke zu hüten. So verlief ihr Leben auch noch 30 Jahre später. Nachdem der Vater im Jahr 1928 fast 90-jährig verstorben war, und ihm im Jahr 1932 die Mutter gefolgt war, stand Jetti mit bald 50 Jahren mutterseelenallein in der kleinen Welt ihres Ladens, wo auch sie, besonders nach der Machtübernahme der Nazis, ganz konkret spürte, dass sich Schlimmes gegen die jüdische Bevölkerung zusammenbraute.

Im April des Jahres 1933 richtete sich ein reichsweiter Boykott gegen jüdische Geschäfte, und deren Inhaber wurden mit immer neuen akribisch kontrollierten Vorschriften schikaniert. Das, was Henriette suchte, ein wenig Halt und Sicherheit, fand sie im Jahr 1934 bei ihrem zukünftigen Mann Max André.

Max, am 4. November 1872 ebenfalls in Kornelimünster geboren, hatte seine Frau Pauline, geborene Salmang, begraben müssen, die am 26. Juni 1933 verstorben war. Von seinen Eltern Mathias André und Euphrosina André, geborene Weinhausen, hatte er über 30 Jahre zuvor am Adalbertsteinweg 154, nahe der Josefskirche, eine gut gehende Metzgerei übernommen. Sein erwachsener Sohn, Joseph André, arbeitete in der väterlichen Metzgerei. Ein weiterer Sohn, Arthur, hatte gerade seine Promotion abgeschlossen, als Vater Max und Henriette am 14. Oktober 1934 heirateten.

Jettis Geschäft wurde liquidiert und ihr Elternhaus verkauft.

Ende des Jahres 1938 nahmen Max und Henriette André die Familie Arthur und Bertha Gottschalk in ihr Haus am Adalbertsteinweg 154 in Aachen auf, der es in Kornelimünster zu unruhig geworden war. Im Verlauf des Jahres 1941 musste Familie André ihr Haus aufgeben. Bis zum 10. April 1942 lebten sie im Grünen Weg 12, anschließend bis zur Deportation am 25. Juli 1942 im Jüdischen Altersheim in der früheren Horst-Wessel-Straße 87, heute Kalverbenden.

Max und Henriette André erreichten Theresienstadt mit dem Transport VII/2 am 25. Juli 1942 aus Düsseldorf. Ihre weitere Deportation in das Vernichtungslager Treblinka erfolgte am 21. September 1942 mit Transport Bp. Im Jahr 1945 wurden beide für tot erklärt.