Gedenkbuch 2006

Isidor Weil

Thomas Gralla und Tobias Kehrmann, Herzogenrath

1) Schneider, Franz Dr., Alsdorf in der NS-Zeit. In: Jahresblätter des Alsdorfer Geschichtsvereins 2001/2002, hrsg. von Dr. Rudolf Bast, S.142 2) Walter Weil, Vortrag vor dem Alsdorfer Geschichtsverein aus Anlass des 40. Jahrestags des Kriegsendes 1985. In: Jahresblätter des Alsdorfer Geschichtsvereins 1998, hrsg. von Dr. Rudolf Bast, S.12 3) Ders. a.a.O. S.13 4) Faßbinder, Kurt M., Genealogie der jüdischen Familie Weil aus Bettendorf . In: Jahresblätter des Alsdorfer Geschichtsvereins 1998, S.24

Isidor Weil wurde am 31. Juli 1870 als Sohn des Metzgers Samuel Weil geboren, welcher erst kurz zuvor mit seiner fünf Jahre älteren Ehefrau Johanna, geborene Josephs, nach Alsdorf gezogen war. Dort kamen zwei und fünf Jahre später auch seine Brüder Karl und Hermann zur Welt. Aus Isidors Jugend ist nicht viel bekannt, er machte seine Ausbildung, später auch seinen Meistertitel im Maler- und Anstreicherhandwerk und war wie viele andere jüdische Handwerker und Kaufleute in Alsdorf als zuvorkommend und freundlich bekannt.

Er lebte zusammen mit seiner Ehefrau Laura, geborene Wersch, die er im Jahre 1896 heiratete, zunächst in einem Haus in der Hauptstraße (heutige Rathausstraße), in dem er auch sein erstes eigenes Geschäft hatte. Isidor und Laura hatten vier Kinder. Erna (geb. 20.6.1897), Walter (15.12.1899), Richard (13.7.1901) und Frieda (20.4.1903) wurden alle in Alsdorf geboren.

Isidor errichtete auf früherem EBV-Gelände unweit von seinem Wohnhaus einen Neubau. Nachdem er aus Altersgründen das Malerhandwerk nicht mehr ausüben konnte, verdiente er sein Geld durch einen kleinen Gemischtwarenladen im Altbau und durch das Vermieten von Geschäftsräumen im Neubau. In der Reichspogromnacht am 9. November 1938 wurden die jüdischen Geschäfte im Bereich der Bahnhof- und Hauptstraße durch Alsdorfer NS-Angehörige zerstört. Aber als der Marsch den Neubau der Familie Weil erreichte, wurden diese Geschäftsräume verschont, da sie von nichtjüdischen Geschäftsleuten angemietet waren; Ziel war vielmehr die Wohnung der Weils im Obergeschoss, welche zerstört, und von der aus Isidor Weil von Polizeibeamten zum Rathaus gebracht wurde.1

Isidor konnte seiner endgültigen Verhaftung zunächst jedoch entgehen, da die Ehefrau seines älteren Sohnes Walter vorgab, sie wolle ihre Schwiegereltern mit zu sich nach Köln nehmen. Dies war höchstwahrscheinlich nur möglich, da sie Katholikin war und Isidor und Laura den Alsdorfer Bürgermeister gut kannten.2 Nach einigen Wochen Aufenthalt in Köln wurden sie aufgefordert, ihr altes Haus in Alsdorf zu verkaufen; es wurde zu einem Spottpreis von der Volksbank übernommen.3 Über das Geld konnte Isidor jedoch nur beschränkt verfügen, da es sich auf einem Sperrkonto befand, was eine große finanzielle Einschränkung für das Alltagsleben der Familie Weil bedeutete.

Isidor und Laura Weil kehrten nach Alsdorf zurück, um kurze Zeit später mit der jüngsten Tochter Frieda, verheiratete Josephs, nach Aachen zu ziehen. (Auch Albert und Frieda Josephs’ Existenz, ihr Textilgeschäft in Gangelt, war durch die braunen Horden vernichtet worden.) Dort wurden sie mit anderen jüdischen Familien des Bezirks in ein Barackenlager am Grünen Weg in Aachen einquartiert und mussten unter unmenschlichen Bedingungen auf ihre Deportation warten. Diese begann am 12. April 1942 mit dem Transport in das Judenhaus in der Eupener Straße. Von dieser Zwischenstation aus wurden sie drei Monate später, am 25. Juli, in das Konzentrationslager Theresienstadt unter der Transportnummer VII/2-164 gebracht4. Dort wurde Isidor Weil am 30. August 1942 durch die Nazis ermordet. Seine Frau fiel den Nazis etwa ein Jahr später zum Opfer.