Erich Zwiebel
Von Corinna Broeckmann, Aachen
Erich Zwiebel wurde am 13. September 1899 in Stanislau in Galizien, heute Iwano-Frankiwsk in der Ukraine, geboren. Wann er nach Alsdorf zog und ob er verheiratet war, ist uns nicht bekannt.
Er war Tischler und hatte in Alsdorf im Grenzweg 1 ein kleines gemietetes Möbelgeschäft. Das Geschäft gehörte dem NS-Mitglied Droegemeier. Es wurde wie viele andere Geschäfte jüdischer Bürger in Alsdorf in der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 gestürmt und zerstört. Offenbar war Droegemeier an der Zerstörung des Möbelgeschäfts beteiligt. So wird berichtet, er habe selbst „mit einer Stange die Schaufenster seines Geschäftshauses zertrümmert." „Die Möbel wurden im Geschäft kurz und klein geschlagen und die Trümmer auf die Straße geworfen."
Bereits am 28. Oktober 1938 allerdings, also vor der Reichspogromnacht, wurde Erich Zwiebel während der so genannten „Polenaktion" über den Grenzort Bentschen nach Polen abgeschoben. Ob er nochmals nach Alsdorf zurückkehrte, bleibt unklar.
Er floh wahrscheinlich von Polen aus nach Frankreich und lebte in Bagnères-de-Luchon im Département Haut-Garonne, in den französischen Pyrenäen, in der Rue la Martin 2 (möglicherweise auch Rue du Pont de Martin), nahe der spanischen Grenze.
Dort wurde er am 24. Dezember 1942 verhaftet und in das Lager Drancy gebracht. Von dort wurde er am 11. Februar 1943 mit Transport 47 nach Auschwitz deportiert, wo er am 13. Februar 1943 ankam und mit der Häftlingsnummer 102279 registriert wurde. Er überlebte Auschwitz, wurde jedoch am 25. Januar 1945 in das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich verlegt. Dort erhielt er die Häftlingsnummer 118499, wurde als „französischer Jude" geführt und gab an, Tischler und „Chauffeur" zu sein. Von Mauthausen schickte man ihn in das Nebenlager „Gusen Berg_kristall_ Bau 15/3", in dem schwerste Zwangsarbeit den Tageslauf bestimmte. Unter dem Decknamen „Bergkristall" „mussten Häftlinge des Lagers Gusen II ab März 1944 eine Stollenanlage zur Unterbringung der unterirdischen Jagdflugzeugproduktion der Firma Messerschmitt errichten."
Das Lager Gusen II war erst im März 1944 gebaut worden und diente vor allem der Vernichtung der Häftlinge durch Arbeit. Die Häftlinge des Lagers Gusen I hatten bereits früher eine Bahntrasse errichtet, auf der das von den Arbeitssklaven abgebaute Material aus den Steinbrüchen der Umgebung abtransportiert werden konnte. Die Häftlinge des Lagers Gusen II, die meisten von ihnen Juden, mussten morgens in einen Zug steigen und drei Kilometer weiter, in der Nähe des Ortes St. Georgen an der Gusen, vom Zug abspringen.
Sie wurden dann mit Hunden zum Stollen „Bergkristall" gehetzt. Erich Zwiebel hielt den Strapazen nicht mehr lange stand. Er starb am 17. April 1945 in Gusen laut der offiziellen Papiere aus dem Lager Gusen angeblich an „Herzmuskelschwäche" und „allgemeinem Körperverfall". Viele der Flüchtlinge wurden allerdings erschossen, in die elektrischen Zäune getrieben, brachten sich selbst um, indem sie sich in die Elektrozäune stürzten, oder verhungerten. Die genauen Todesumstände von Erich Zwiebel sind nicht bekannt.